
Daniela Guidara vom Stadtmarketing mit den Autoren Wilfrid und Götz Loos (rechts). – Foto: Stadtmarketing
Unna. Da wird mal dem Richtigen ein schriftliches Denkmal gesetzt. „Tag der Weide“ heißt der neue Band in der Schriftenreihe der Stadt Unna. Das Buch behandelt chronologisch die beispielhafte Naturschutzarbeit der vergangenen 35 Jahre des Unnaer Bürgers – genauer, des Uelzen-Mühlhausener Bürgers – Karl-Heinz Albrecht. Dabei spielt der „Tag der Weide“ eine besondere Rolle in dieser Publikation – und im tatkräftigen Leben des Mannes, der die Begriffe Umwelt, Ökologie und Verantwortung für den nachhaltigen Umgang mit der Natur in eine gesellschaftliche Umwelt einpflanzte, die damals noch mit allgemeiner Skepsis auf seine Ideen reagierte.
Karl-Heinz Albrecht und ich nippten gern ab und an gemeinsam an etwas Gerstensaft, vornehmlich bei Heinz Höltermann in dessen Dorfgaststätte (heute ist da der wunderbare Grieche drin). Bei solchen Gelegenheiten erläuterte er mir ebenso engagiert wie wortgewaltig seine Gedanken zum gelebten Einklang mit der Natur. „Global denken, lokal handeln“, das sagte er zwar nicht wörtlich, aber nahm den Satz inhaltlich vorweg, den andere später zum Slogan erheben sollten. Einmal, als er mir wieder mit raumgreifenden Gesten seine Standpunkte erläuterte, setzte ich ihn mit einem Satz vorübergehend matt: „Weißt du was, Karl-Heinz, du bist ein wahrer Anarchist!“ Völlig verduzt grübelte mein Freund, ob ich ihn wohl beleidigen wolle. Ich erklärte ihm, was ich entgegen landläufiger Meinung unter einem so skizzierten Menschen verstünde. Er war erleichtert. Und an diesem Abend murmelte er immer wieder zwischendurch beinahe überrascht: „Ich bin ein Anarchist!“
Eine seiner liebsten Aktionen der frühen Tage waren die alljährlichen Kopfweiden-Pflegebeschnitte. Viele weitere sollten noch folgen. So setzte er hartnäckig Pflanzaktionen durch, sorgte dafür, dass der Begriff „Saum-Biotop“ nicht nur in Unnaer Alltagsdeutsch übersetzt wurde, sondern auch Realität wurde, pflegte zum Entsetzen der Nachbarschaft den eigenen Garten in eigener Art, sorgte sich um Quellen und, und, und. Karl-Heinz war in der Natur des nahen Unnaer Ostens unterwegs, als sei er ein Teil von ihr.
Die Einladungen zu dieser frühen Naturschutzaktion „Weidenbeschnitt“ sind als Reproduktionen im Buch dargestellt und vermitteln einen guten Überblick darüber, was in den zurückliegenden 35 Jahren im Unnaer Osten für die Natur getan und erreicht worden ist. Diese Publikation ist nicht nur für interessierte Naturfreunde ein „Muss“, sondern auch für wissenschaftlich arbeitende Biologen und Heimatkundler geeignet. Erhältlich ist der neue Band bei der Stadt Unna.
Die Autoren:
Dr. Götz Heinrich Loos
Geboren 1970 in Dortmund; wohnhaft in Kamen/Westf. Nach Abitur 1990 in Kamen Studium der Geographie, Botanik, Geschichte, Soziologie und Zoologie (Biologie) an der Ruhr-Universität Bochum, Zweithörer in Erziehungswissenschaften an der Universität Dortmund. Diplom (Geographie als Hauptfach) 1999. Studentische Hilfskraft an der AG Geobotanik und am Geographischen Institut der Ruhr-Universität Bochum, danach Wissenschaftliche Hilfskraft und Wissenschaftlicher Mitarbeiter in Drittmittelprojekten an der AG Geobotanik.
2004 bis 2008 Wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Biologischen Station Westliches Ruhrgebiet. Anschließend Lehrbeauftragter und nach Promotion 2009 bis 2014 Lehrkraft für besondere Aufgaben am Geographischen Institut der Ruhr-Universität Bochum, seitdem Wissenschaftlicher Mitarbeiter am dortigen Lehrstuhl Landschaftsökologie/Biogeographie, auch als Co-Projektleiter für kommunale Klimaanpassungskonzepte. Außerdem Lehrbeauftragter für nachträgliche Schulabschlüsse an den Volkshochschulen Kamen/Bönen und Lünen in den Fächern Biologie und Gesellschaftslehre.
Weiterhin Arbeit im ehrenamtlichen Naturschutz (NABU, auf Kreis-, Ruhrgebiets- und Landesebene) und wissenschaftlicher Berater und Gutachter für Planungsbüros, Verwaltungen, Organisationen, Verbände und politische Parteien sowie Durchführung zahlreicher Vorträge, Exkursionen und Umwelterziehungsprojekte für verschiedene Zielgruppen. Forschungsarbeit u.a. in den Bereichen Biogeographie, insbesondere schwierige Pflanzengruppen, Neobiota, invasive Pflanzen, Urban Gardening, naturverträglicher Tourismus, Klima und Stadtgrün.
Wilfrid Loos
Jahrgang 1948, geboren in Dortmund-Derne, bis 1951 wohnhaft in Lünen-Süd, danach in Kamen-Methler, war stellvertretender Vorsitzender der Naturförderungsgesellschaft für den Kreis Unna und Landschaftswächter in Kamen. Leitete über 20 Jahre die VHS Krötenschutzgruppe Unna.
Das Buch Der „Tag der Weide“ und weitere Naturschutzaktivitäten im Osten Unnas als Band 59 in der Schriftenreihe der Stadt Unna und ist im Buchhandel und im i-Punkt im zib zum Preis von 3 € erhältlich.
Beitragsbild: Wenn er seinen Standpunkt erläutert, dann ist seine Gestik ebenso klar wie seine Worte den Inhalt des Standpunkte definieren: Karl-Heinz Albrecht, der Naturschützer in Person. – Foto: Rudi Bernhardt