Im traurigen Monat November war’s,
Die Tage wurden trüber,
Der Wind riss von den Bäumen das Laub,
Da reist ich nach Deutschland hinüber.
Und als ich über die Grenze kam,
Da fühlt ich schon müderes Klopfen,
In meiner Brust, ich meine sogar,
Die Augen begannen zu tropfen.
Und als ich die deutschen Stimmen vernahm,
Da ward mir ganz seltsam zumut,
Ich spürte sie heftig, die Depression,
Und plötzlich war gar nichts mehr gut.
Ein wohlbekleideter Bettler sang,
Er sang von Last und Leiden,
Mit falscher Stimme, sehr ergeben
Stöhnte er mit uns Beiden.
Er klagte über Lohnnebenkosten,
Sozialstaat, politische Sünden,
Von einst aus einer besseren Welt
Aber wollt er mir Gutes verkünden.
Er sang das alte Entsagungslied,
Beschwört es bei Gott und Himmel,
Womit man einlullt, wenn es greint,
Das Volk, den großen Lümmel.
Ich kenne die Weise, ich kenne den Text,
Ich kenn auch die Herren Verfasser.
Ich weiß, sie trinken heimlich Wein
Und predigen öffentlich Wasser.
Ein neues Lied, ein besseres Lied,
O Freunde, will ich euch dichten!
Wir wollen hier auf Erden schon
Das Himmelreich errichten.
Wir wollen auf Erden glücklich sein
Und wollen nicht mehr darben;
Verschlemmen wollen auch wir mit Recht,
was durch uns Reiche erwarben.
Es wächst hienieden Brot genug
Für alle Menschenkinder
Auch Rosen und Münzen, Scheine und Lust,
Und Aktiengewinne nicht minder.
Genügend Wohlstand für jedermann,
Die Pfeffersäck solln platzen!
Den Himmel überlassen wir
Den Engeln und den Spatzen.
Und wachsen uns Flügel nach dem Tod,
So wollen wir sie besuchen
Und oben essen wir mit ihnen dann
Die leckersten Torten und Kuchen.
Ein neues Lied, ein besseres Lied!
Es klingt wie Flöten und Geigen!
Die Miserere ist vorbei,
Das Jammern möge schweigen.
Die Länder Europas sind verlobt
Alle schon fest miteinander
So wird die große Einheit geprobt
Friedlich mit allen gefeiert.
Ein Hochzeitsingen ist mein Lied,
Das bessere, das neue!
Die deutsche Seele lebe auf,
dass keiner sich mehr scheue.
Begeisterter Jubel, laut und wild,
Reißt mit die Jammervollen.
Sie fühlen sich wunderbar erstarkt,
und wissen jetzt was sie wollen.
Hats Heine auch ganz anders gemeint
Hat die Rede vom Ruck nie vernommen
Ist dennoch endlich genug geweint
Ihr deutschen Bedenkenträger
Verteilt doch gerechter ihr da oben
Dann durchströmen uns Zaubersäfte
Als hätt ein Riese Germania berührt
So wüchsen uns plötzlich Kräfte.
Und der Direktor der deutschen Bank
Teilt sein Gehalt mit vielen
Und selbst in deutschen Kinderstuben
Werden wieder mehr Kinder spielen.
Die Konjunktur, sie wird sich schwingen
Hinauf in allerhöchste Höhe
Und keiner im Lande hört nun mehr
Das heisere Husten der Flöhe

Karl Feldkamp wurde 1943 in Lübeck geboren und lebt seit 2011 In Engelskirchen-Wallefeld. Er schreibt Lyrik, Prosa, Satire, Aphorismen und Rezensionen. Bisher veröffentlichte er 5 Bücher, (darunter AngstAugen, Dittrich Verlag, Köln 1997) ein E-Book, ein Hörspiel sowie Lyrik und Prosa im In- und Ausland in Literaturzeitschriften, Schulbüchern, Anthologien und im Rundfunk.
2 Bücher gab er zudem heraus. Er erhielt den Xylos-Lyrikpreis 1981, 2009 den Preis des Stadtverbandes Kultur Bergisch Gladbach Der Bopp. Er ist Mitglied im Verband Deutscher Schriftsteller (VS) sowie in diversen Kulturinitiativen. Sein Motto: Bei jedem Irrtum gewinnt die Wahrheit Zeit.
…gefällt mir sogar sehr gut, und jetzt noch die Noten dazu, bitte.
Wenn ich nächstens im Keller „greine“, nicht mit Wasser, beim rötlichen Weine!